4.2. Entstehung und Geschichte des Bauerngartens

 

Die Frühzeit

Die Geschichte des Bauerngartens ist eng mit der Entwicklung der bäuerlichen Kultur verbunden. Die bescheidenen Vorläufer des Bauerngartens entstanden zu der Zeit, als aus Nomaden seßhafte Bauern wurden, dies war die Geburtsstunde des Urgartens. Zu seiner Entstehungszeit war der Mensch der Natur noch völlig unterworfen, er stand in enger Beziehung zu der Pflanzenwelt. Die Menschen sammelten zuerst eßbare Pflanzen in der freien Natur und brachten sie nach und nach in die Umgebung ihrer Wohnstätten, wo sie im Feldbau in größeren Mengen kultiviert wurden. Aber nicht alle der kultivierten Wildpflanzen waren für den feldmäßigen Anbau geeignet oder wurden in solch großer Menge benötigt, daß sie auf dem Acker angebaut werden mußten. So kam es zur Trennung der in Kultur genommenen Wildpflanzen in „Hack- und Feldfrüchte“, wobei sich um die Pflege der Hackfrüchte und Kräuter meist die Bäuerin kümmern mußte. Diese von einem Zaun umschlossenen kleinen Anpflanzungen in der Nähe der menschlichen Siedlungen waren die ersten Gärten.

Laut dem „Etymologischen Wörterbuch des Deutschen“ (dtv, 1995) gab wahrscheinlich die Umzäunung dem Garten seinen Namen. Das altgermanische Wort „Ghortos“ bedeutete „das Eingefaßte, Eingefriedete, Umschlossene“. Der Zaun sollte den Garten vor Federvieh, Schweinen, Wild, fremden Menschen, Kindern und Nachbarn schützen, er grenzte den eigenen Grund und Boden ab, war ein Windschutz, ihm wurden sogar magische Schutzkräfte gegen Hexen zugeschrieben.

Wie man aus archäologischen Funden weiß, wurden von den Germanen schon in der jüngeren Steinzeit (4000 bis 1800 v. Chr.) und in der Bronzezeit (1800 bis 800 v. Chr.) Erbsen, Linsen, Saubohnen, Karotten, Kohl, Weizen, Hirse und sogar einige Gewürzpflanzen wie Kümmel und Petersilie angebaut (Unterweger, 1990). Hanf und Mohn sind narkotisch wirkende und daher zu Heilzwecken benutzte Pflanzen. Außerdem gab es in den Gärten Gemüsearten wie den Wegerich, verschiedene Ampferarten, den Guten Heinrich, die Gartenmelde, die Brennessel und die Wegwarte, die wir heute für Unkräuter halten. Der einzige von den Germanen in Kultur genommene Obstbaum war der Apfelbaum, und zwar der Holzapfel. Zwar waren den Germanen auch die Sauerkirsche, Süßkirsche sowie die Pflaume bekannt, aber sie wurden nicht angepflanzt. Die meisten Obstbäume lernten sie erst durch die römische Kultur und durch den Einfluß der Mönche kennen.

Auch der Holunder, der Haselstrauch, die Schlehe und der Weißdorn traten schon in Siedlungsnähe auf; besonders der Holunderstrauch diente in allen seinen Teilen den Menschen: Beeren wurden als Mus oder Suppe genossen, Rinde, Wurzeln und Blüten nützten als Medizin. Der Holunder war der nächste Arzneischatz des Bauern und galt daher als Wohnsitz des guten Hausgeistes.  

Der römische Einfluß

Mit dem Eindringen der Römer veränderte sich allmählich der schmucklose germanische Bauerngarten. Die Römer brachten in die eroberten Gebiete ihre eigenen Würz- und Heilkräuter mit, wie Raute, Anis, Dill, Kerbel, Schnittlauch, Thymian, Senf und Koriander. Der Bestand an Gemüse wurde mit Kürbis, Gurken, Spargel, Sellerie, Knoblauch und Rüben bereichert. Hochwertige Obstsorten wurden eingeführt: Cerasus, Prunus und Persicum sind lateinische Namen, aus denen mit der Zeit die deutschen Wörter Kirsche, Pflaume und Pfirsich wurden. Auch Mandeln, Aprikosen, Walnuß, Kastanie und Weinrebe hielten jetzt Einzug, ebenso viele neue Apfel- und Birnensorten.

Sogar Blumenbeete mit Rosen und Lilien, vermutlich auch Goldlack und Levkojen, wurden von den Römern angelegt. Aber für die farbenprächtigen Blütenpflanzen hatten die Germanen noch kein Verständnis. Während der Völkerwanderung (2. bis 6. Jahrhundert n. Chr.) und in den folgenden Jahrhunderten verblaßte der Einfluß auf den reinen Nutzgarten hin zum blumenverzierten Garten wieder, dabei gingen auch manche der früheren Errungenschaften im Gartenbau wieder verloren.

 

Das Mittelalter

Die zunehmende Bereicherung der Gärten im ländlichen Bereich verdanken wir der Ausbreitung des Christentums in Mittel- und Nordeuropa. Denn das ganze Mittelalter hindurch waren Benediktiner und Zisterzienser die Hauptträger der Gartenkultur Europas, sie erhielten die gärtnerischen Kenntnisse der Römer am Leben (sie konnten noch die alten Schriften lesen). Die Mönche gaben ihren Erfahrungsschatz über den Anbau von Obst, Gemüse und Heilkräutern an die Dorfbewohner weiter.

Die Blumen, die in ihren Gärten blühten, standen dort allerdings nicht um ihrer Schönheit willen, sondern wegen ihres tatsächlichen oder angenommenen Wertes als Heilpflanzen. Rosen, Lilien, Iris und Salbei lieferten Blüten, Blätter oder Wurzeln zum Bereiten heilender Salben oder Tränke. Man schmückte mit ihnen und später auch mit anderen Blumen die Kirche an christlichen Festtagen zum Gottesdienst.

Eine klare Darstellung von einem Klostergarten bietet uns ein um 820 n. Chr. entworfener Plan des Klostergartens von St. Gallen. Dieser Entwurf kam zwar niemals zur Ausführung, zeigt aber zum ersten Mal eine genaue Einteilung des Gartens in Arzneigarten, Gemüsegarten und Baumgarten, der auch als Friedhof genutzt wurde. Die Vierteilung mit einem Kreuzweg sollte für über tausend Jahre Vorbild für  den Bauerngarten sein (siehe Abbildung).

Die im Jahre 812 von Karl dem Großen erlassene Landgüterverordnung „Capitulare de villis“ enthält sehr detaillierte Vorschriften zur Verwaltung der Krongüter, Regelungen über Dreifelderwirtschaft, Weinbau, Obstpflege, die Zucht von Hausvieh und Herdenvieh, Pferden, Rindern, Schafen, Schweinen, Ziegen und Bienen. Der Kaiser selbst war der größte Grundbesitzer und lebte von den Erträgen seiner Güter. Die Landgüterverordnung zählt im letzten Abschnitt im Einzelnen alle Pflanzen auf, die in den königlichen Gärten vorhanden sein mußten. Sie verordnete den Anbau von 73 Nutzpflanzen (Gemüsen, Küchenkräutern, Gewürz- und Heilpflanzen) sowie die Anpflanzung von 14 Baumarten, die der Verwalter der kaiserlichen Güter in den Gärten vornehmen sollte. Unter den aufgezählten Gewächsen sind einige südeuropäische Heilpflanzen mit viel Gehalt an ätherischen Ölen, die sich vermutlich seit der Römerzeit hier gehalten haben, z.B. Rosmarin und Salbei. Außerdem wurden einige Pflanzen wie Haselnuß, Wermut oder Beifuß aus der freien Natur in den Garten übernommen. Eine wichtige Rolle spielte der Hauswurz oder Jupiterbart. In Deutschland war das Gewächs dem Gott Donar geweiht, es trug daher den Namen Donnerbart oder Donnerwurz. Man sah in der kerzengeraden Blume einen Blitzableiter, der das Haus während des Gewitters schützte, sie genoß auch eine besondere Bedeutung als Heilmittel. Das Capitulare ordnete an, sie auf dem Hausdach anzupflanzen, in der Gegenwart findet man sie unter dem Namen Dachwurz noch in Gärten, am Zaun, auf Mauern oder auf Pfählen angepflanzt wieder.

Das erste botanische Dokument aus alter deutscher Zeit ist das lateinische Gedicht “Hortulus“ von Walahfrid von Strabo, Abt des Klosters von Reichenau. Diese Gartendichtung befaßt sich in 44 Versen mit 23 Arznei- und Nutzpflanzen, wobei ihre Lieblichkeit, ihr Duft oder ihre Heilwirkung hervorgehoben werden (Stoffler, H.-D., 1978: Der Hortulus des Walahfrid Strabo, Sigmaringen).

Von der Karolingerzeit bis zum Ausgang des Mittelalters vollzog sich nach und nach die Einwanderung fremder Gewächse, zunehmend Zierpflanzen, in die Dorfgärten. Mit den Mönchen aus dem Mittelmeerraum und mit den Kreuzrittern aus dem Vorderen Orient kamen zum Beispiel Lorbeer, Pinie, Safran und viele Arzneikräuter (unter ihnen heute wohlbekannte Würzkräuter wie Petersilie, Koriander oder Liebstöckel).

 

 

Abb. 36: Beispiel eines mittelalterlichen Klostergartens; aus: Gleich 1989

 

An der Schwelle zur Neuzeit - 16./17. Jahrhundert

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts gaben die Klöster ihre führende Rolle auf. Auch Ärzte, Dorflehrer, Apotheker und reiche Bürger beschäftigten sich nun mit der Pflanzenwelt und beeinflußten damit die Entwicklung des Bauerngartens (Unterweger, 1990).

Mit dem Humanismus entstand das Bemühen, alle Pflanzen zu erforschen, auch jene, die nicht nützlich waren. Bisher hatten eigentlich nur Pflanzen Beachtung gefunden, die einen gewissen Nährwert hatten, über Heilkräfte verfügten oder einen sonstigen Nutzen brachten. Nun aber hatten sie auch wegen ihrer Schönheit eine Daseinsberechtigung. Eine große Vielfalt von bisher unbekannten Gewächsen aus römischen Gärten begeisterte zuerst Forscher und Botaniker, dann das gehobene Bürgertum, schließlich hielt sie auch in die einfachen Gärten Einzug. Die Gärten wurden immer prächtiger und die Pflanzenauswahl immer größer. Kleriker, Patrizier und reiche Bürger gestalteten ihre Gärten nach dem Vorbild der italienischen Renaissancegärten. Viele Gestaltungsmerkmale wie Buchseinfassungen, geschnittene Hecken und das Mittelrondell gelangten auch in den Bauerngarten.

Aus fernen Ländern wurden viele neue Pflanzen eingeführt. Aus dem westlichen Himalaya kam unter anderem die Kaiserkrone, die Sonnenblume wurde von den Spaniern 1569 aus Mexiko und Peru eingeführt, die Studentenblume kam 1541 aus Mexiko, außerdem neu waren die Dahlie (aus Mexiko), Kapuzinerkresse (Südamerika), Tulpe (Türkei) und Hyazinthe (Mittelmeerraum). Im 17. Jahrhundert war vor allem Amerika in viel größerem Maße als bisher eine Bezugsquelle neuer Pflanzen. Auch schön blühende Bäume und Sträucher kamen aus dem neuen Kontinent. Die aus kälteren Klimaten stammenden Pflanzen hatten keine großen Schwierigkeiten, sich hier in Europa anzusiedeln.

Mit dem dreißigjährigen Krieg und der daraus folgenden Verarmung der Bevölkerung wurde jegliche Gartenkultur in Deutschland vernichtet. Gemüseanbau garantierte das Überleben, während der Anbau von Blumen unnützer Luxus wurde.

 

Barock- und Rokokozeit (18. Jh.)

Im 18. Jahrhundert knüpfte die Gartenkultur an den Stand vor dem dreißigjährigen Krieg an. Der Garten wurde zur Machtdemonstration (z.B. Versailles) und wohlhabende Bauern versuchten, die Gärten der herrschenden Klasse nachzuahmen. So gelangten barocke Elemente in den Bauerngarten, z.B. der Figurenschnitt von Eibe und Buchs, Blumenrondelle am Wegkreuz und buchsumsäumte Beete. Die Gärten waren oft Statussymbol der Bäuerin und wurden mit neuen exotischen Blumensorten geschmückt. Die Stilelemente des Barock (strenge Symmetrie und Ordnung) blieben auch in späteren Epochen erhalten.

 

Das 19. und 20. Jahrhundert

Mit dem 19. Jahrhundert begann eine Zeit wirtschaftlicher, soziologischer und geistiger Wandlungen. Die Landwirtschaft trat ins technische Zeitalter ein, der Gedanke von Rationalisierung, Regelmäßigkeit und Bequemlichkeit setzte sich durch. Der traditionelle Bauerngarten drohte mehr und mehr zu verschwinden. Dennoch hielt man trotz des Nutzungswandels bis in das 20. Jahrhundert noch an Überliefertem und Altbewährtem fest.

Nach der Jahrhundertwende schien der Fortschrittsglaube nicht mehr aufzuhalten zu sein. Mit der neuen modernen Zeit hielten Zierrasen, Teppichbeete, neue Modeblumen und Zäune aus Drahtgeflecht Einzug in die Gärten. Alte Bauernregeln wurden als Aberglaube abgetan und die traditionellen Bauerngärten gingen immer stärker zurück. Allerdings stieg gleichzeitig in den zwanziger Jahren das Interesse am Bauerngarten auch in gewisser Weise wieder an, was wohl daran lag, daß das, was selten wird, uns plötzlich besonders wertvoll erscheint. (Unterweger, 1990)

In der Zeit des Nationalsozialismus wurde sehr großes Interesse am Bauerngarten bekundet. Die traditionelle geometrische Form wurde zum Idealbild des bodenständigen deutschen Gartenstils erklärt. Dorfverschönerung, tadellose Ordnung und peinliche Sauberkeit in den Gärten galten als nationalsozialistische Pflicht. Es wurde zwar anerkannt, daß der Bauerngarten überall in Europa verbreitet sei, doch nur in germanischen Ländern hätte er die höchste Stufe erreicht. Letztendlich konnte  dieser letzte Aufschwung den Bauerngarten jedoch nicht retten. Im Krieg wurde der Selbstversorgungsgarten wichtiger als die Bauerngartentradition.

In der Nachkriegszeit verlor der Bauerngarten vollends an Bedeutung. Es kam zu einem dramatischen Rückgang der Gartenflächen, viele Gärten gingen verloren. Niemand war mehr abhängig von Obst und Gemüse, Arzneipflanzen und Gewürzen, alles konnte jetzt gekauft werden. Die Gemüsekultur wurde eingeschränkt oder ganz aufgeben.

Altes, wenn auch Bewährtes, mußte einer neuen Modernität weichen; aus Nutzgärten wurden Freizeitgärten. Gepflegter Rasen, Blaufichten und fremdländische Zierpflanzen schmückten die neuen, von tadelloser Ordnung und Sauberkeit geprägten Gärten. Alte Heilkräuter, robuste Blumenarten und unerwünschte Unkräuter verschwanden an vielen Orten. Oft wurde dörfliches Grün durch Teer und Pflaster ersetzt, zum Beispiel mit Garagen überbaut. Dorfverschönerung und Verkehrsplanung führten oft auch zu einer Verarmung der Gärten und Dörfer. Zurück blieb manchmal nur eintöniger, sauber gepflegter Zierrasen, umrahmt von Koniferen. Ein Garten sah aus wie der andere, die Individualität der Gärten ging verloren.

Der alte, flechtenbewachsene Lattenzaun wurde nicht mehr erneuert, statt dessen verwendete man einen Jägerzaun oder ein preiswertes Drahtmodell. Aufwendige Blumengefäße, manchmal auch alte Schubkarren oder Autoreifen werden als Blickfang zur Schau gestellt. Die bäuerliche Gartenkultur zerfällt.

Wenn auch der traditionelle Bauerngarten verloren scheint und es wenig Sinn machen würde, überall wieder Gärten nach historischen Vorbildern anzulegen, die dann nur noch Museen ohne wirklichen Nutzen wären, so sollte man doch versuchen, einiges vom Altbewährten und Überlieferten zu erhalten. Viele der alten Bauerngartenpflanzen verdienen eine Renaissance, denn oft, wenn auch nicht immer, sind sie schöner und widerstandsfähiger als moderne Neuzüchtungen. Viele der alten Sorten haben auch heute noch ihren Wert, ob als bewährte Würz- und Heilmittel, als Lebensraum für zahlreiche Tiere, für den Erhalt der genetischen Vielfalt von Nutz- und Zierpflanzen oder als Teil unseres Kulturerbes, zur Wahrung und Dokumentation historischer Nutzungsformen. Auf einige dieser traditionellen Pflanzen wird im folgenden Abschnitt eingegangen.

 

Typische Pflanzen des Bauerngartens

Gemüse

Von Alters her wurden Kohl, Rüben und Zwiebeln als wichtige Gemüse erachtet. Bis ins 19. Jahrhundert galt Kohl als das wichtigste pflanzliche Nahrungsmittel. Die Kartoffel wurde erst durch Befehl Friedrichs des Großen zur Feldfrucht und zum Volksnahrungsmittel (1763). Fast all unsere heutigen, handelsüblichen Gemüse wurden in den Bauerngärten angepflanzt. Doch was man tatsächlich in Gärten fand, hing von Ernährungsgewohnheiten ab und variierte regional, so gab es zum Beispiel Grünkohl und Spargel in alpenländischen Gärten nicht. Löwenzahn, Schwarzwurzeln und Artischocken waren für die meisten Bauern zu exotisch. Erst in heutiger Zeit werden Broccoli, Chinakohl, Tomaten und Paprika angepflanzt.

 

Kräuter

Die Vielfalt an Kräutern, welche in Bauerngärten wuchsen, wurde eher für medizinische als für kulinarische Zwecke genutzt. Außerdem ging man davon aus, daß im Bannkreis aromatischer Pflanzen weniger Schädlinge zu finden waren. Viele unserer heutigen Schmuckpflanzen waren ursprünglich Heilpflanzen. So waren in Bauerngärten u.a. zu finden: Pfefferminze, Krause Minze, Eberraute, Melisse, Lavendel, Balsamkraut, Rainfarn in der krausblättrigen Form, Ysop . Diese Pflanzen sicherten sich den Platz zum Überleben dank ihres guten Geruchs, nachdem man vergessen hatte, wozu sie eigentlich dienten. In manchen Regionen war es üblich, zum Kirchgang kleine Riechsträußchen aus diesen Kräutern zu fertigen.

Eine andere Gruppe von Pflanzen, wie z.B. Borretsch, Bohnenkraut, Dill, Ringelblumen und Mutterkraut, das in der Frauenheilkunde Verwendung fand, säte sich selbst zwischen den Gemüsepflanzen aus. Zu den Kräutern, die aus dem Mittelmeerraum zu uns kamen, den Winter aber meist nicht schadlos überstehen, gehören: Thymian, Bergbohnenkraut, Estragon, gelegentlich Wermut und Salbei. Rosmarin kann aufgrund seiner Frostanfälligkeit im Winter nicht im Freien wachsen. Er wurde zusammen mit der Myrte als Brautschmuck verwendet. Für die Weinherstellung benötigte der Bauer Kermesbeere, Judenkirsche oder Lampionblume, Muskattellersalbei und Weinraute, die dem Wein zugesetzt wurden, um die Farbe, Haltbarkeit oder den Geschmack zu verbessern. Als Heilpflanzen wurden auch Zwiebel, Porree und Knoblauch verwendet. Sie wirken durch ihre schwefelhaltigen, ätherischen Öle verdauungsfördernd und schleimlösend.

 

Blumen

In Bauerngärten pflanzte man die Blumensorten, die keine großen Ansprüche an Boden oder Pflege hatten. Traditionell wurden gute Blumensorten einfach über den Gartenzaun verschenkt, meist stammten sie aus dem Garten des Lehrers oder des Pfarrers. Typische Bauerngartenblumen sind Stockrosen (Malven), Türkenbund, Aurikeln und Nelken, mit deren Duft man Körpergeruch bekämpfte. Gartenblumen, die erst im 19. Jahrhundert in die Bauerngärten aufgenommen wurden, sind Ringelblumen, verschiedene Margeritensorten, Sonnauge, Sonnenhut, Sonnenbraut, Sonnenblume, Sommeraster, Pfingstrose, Dahlie. Die Feuerlilie und Madonnenlilie stammen aus dem Mittelmeerraum, die Königslilie kam erst 1903 aus China nach Europa.

 

Wenn man an Bauerngartenblumen denkt, darf man natürlich Rosen nicht vergessen, vor allem die „historischen Rosen“ wie die Weiße Rose (Rosa alba) mit ihren weißen und rosafarbenen Sorten oder die Sorten der Damascener-Rose. Die Essigrose (Rosa gallica) ist die älteste und berühmteste aller Rosen. Alle diese Sorten sind enorm robust und frosthart. Mit der aus Asien stammenden Indischen Rose (Rosa indica), die in die Sorten der europäischen Rosen eingekreuzt die Stammformen unserer heutigen Teehybriden ergaben, und die auch gelb blühen (was die historischen europäischen Rosen nicht tun), entstanden weitere, wunderschöne Rosensorten, z.B. die Bourbonrosen oder die Remontantrosen. Diese Sorten sind allerdings nicht mehr so frosthart, wie man es sich wünscht.

 

Obstbäume

In jedem guten Bauerngarten wuchs ein Holunder, dessen Blüten und Beeren von alters her zu Limonaden und Säften verarbeitet wurden. In der Volksmedizin werden die Blätter, die auch Fliegen fernhalten sollen, und die Früchte zur Bekämpfung von Erkältungskrankheiten gebraucht.

Die Hochstammformen von Obstgehölzen wurden meist um das Haus oder am Rande des Nutzgartens eingepflanzt, um das darunter wachsende Gemüse nicht zu beschatten. Im Nutzgarten selbst befanden sich nur die kleineren Baumformen und –Sorten, wie z.B. die Sauerkirsche, die von Natur aus klein bleibt. Zu den wichtigsten Obstgehölzen zählen Äpfel, Birnen und Pflaumen, Süßkirschen, Renekloden und Zwetschen.

 

Doch nicht nur die Pflanzen sind es, die einen Bauerngarten ausmachen, auch die typischen Gestaltungsmerkmale, die schon vor Jahrhunderten entstanden und über lange Zeit unverändert geblieben sind, prägen das Bild dieser Gärten. Einige der wesentlichen Merkmale werden im folgenden beschrieben.

 

Die Gestaltungsmerkmale von Bauerngärten

Lage von Bauerngärten und verwendete Baumaterialien

Bauerngärten zeigen alle gemeinsame Hauptmerkmale. Für die Anlegung solcher Gärten wurden überwiegend natürliche Baumaterialien benutzt, wie z.B. Holz und Steine, da diese in der näheren Umgebung leicht zu finden waren. Durch die meist landschaftsgebundene Bauweise fügen sich die alten Bauernhäuser in die „umgebende“ Natur ein. Bauerngärten schließen häufig an eine Hausseite an, da man mit dem Garten nicht von Beton oder Teer etc. ablenken muß, wie es in den Städten üblich ist. Manchmal kommt es vor, daß eine Straße das Haus vom Garten trennt. Oftmals liegt er auch versteckt zwischen Stall und Scheune. Bauerngärten sind überwiegend nach Süden oder Osten orientiert, da die meisten Pflanzen lichtbedürftig sind bzw. ursprünglich in warmen, sonnigen Gebieten angesiedelt waren. Die Küchenkräuter und auch viele Gemüse- und Blumenarten sind z.B. solche „Sonnenanbeter“.

 

Bedeutung von Randpflanzen und Gartengrößen im Vergleich

Bäume sowie große Ziersträucher werden am Rand angepflanzt. Somit wird Schattenwurf vermieden, und sie schützen gleichzeitig vor Wind. Beispiele dafür sind Liguster und Feldahornhecken. Sie sind hauptsächlich günstig für die Aufgabe des Windschutzes. Die Größe der Gärten und die verwendeten Pflanzen sind regional bedingt unterschiedlich. Daher gibt es allerhand Variationsmöglichkeiten. Früher beurteilte man die „Wohlhabenheit“ der Gartenbesitzer nach der Größe und Schönheit ihres Gartens.

 

Garten- und Beetformen

Um Bauerngärten stets ordentlich und nicht überladen aussehen zu lassen, waren geometrische Beetformen vorherrschend (Widmayr, „Alte Bauerngärten neu entdeckt“, S.4). Alte Bauerngärten sind daher fast immer rechteckig oder quadratisch. Schnurgerade Wege sind ebenfalls typisch und sorgen für eine gewisse Übersicht. Die Wegbreite beträgt 50 - 120cm. Es gibt drei typische Gartenformen. Die erste Form ist die Mittelweglösung. Das ist die älteste und einfachste Art der Gestaltung und ist auch heute noch recht gängig. Der Weg führt hierbei durch die Mitte des Gartens und teilt ihn in zwei Hälften. Diese Form ist eine gute Lösung für sehr kleine Gärten. Die zweite Form ist die Kreuzform, die den Garten vierteilt. Vorbild für diese Form sind die Klostergärten. Eine Bordüre ans geschnittenem Buchs dient der Beetabgrenzung. Das Blumenrondell, der sogenannte „Barockgarten“, ist die dritte Gartenform. Es zeigt noch Merkmale des barocken Herrschaftsgartens mit dem in der Mitte der Anlage befindlichen Blumenrondell. Auch ein Brunnen kann den Mittelpunkt bilden.

 

Beeteinfassungen und Wegebeläge

Zur Beeteinfassung dienen, wie schon erwähnt, Buchsbaumhecken. Aber auch Holz- bzw. Steineinfassungen sind häufig zu sehen. Wegebeläge kommen auch meist aus der Natur. Feinkies ist ein Beispiel für einen Wegebelag. Die Schichtdicke beträgt ca. 3cm. Feinkies bietet in Verbindung mit einer Bordüre einen hübschen Anblick. Ein anderes Beispiel für einen Wegebelag ist Grobsand, da das Unkraut sich schlecht darin verwurzeln kann und sich deshalb leicht entfernen läßt. Weitere Beispiele sind Flußkiesel, Klinker oder Natursteinplatten. Manchmal wird aber auch auf Belag verzichtet, wie es ursprünglich der Fall war.

 

Zäune und zierende Beigaben

Aushängeschild eines Bauerngartens sind die Zäune, die eine Schutz-, Umfriedungs- und Schmuckfunktion besitzen. Am häufigsten sind Flechtzäune, die zum ersten Mal in der Römerzeit aufgetreten sind. Daneben werden Halbhölzer oder Profillatten verwendet. Es gibt aber auch Mauern aus Naturstein und Ziegel als Umfriedung des Bauerngartens. Zur Verschönerung wurden beispielsweise verzierte Zäune, Rosenbögen am Garteneingang oder mundgeblasene Glaskugeln auf Zaunspitzen verwendet.